03 Torquato Tasso
Schauspiel von Johann Wolfgang von Goethe, 2 D / 3 H
Das Stück spielt an einem Frühlingstag (um das Jahr 1577), Schauplatz ist Belriguardo, ein Lustschloss von Alfons II., dem Herzog von Ferrara. Thema des Dramas ist – neben der Liebe des jungen Tasso zur Prinzessin von Este, der Schwester des Herzogs – die Rolle des Dichters in der höfischen Gesellschaft. Wenn Tasso sagt: „Einen Herrn / Erkenn ich nur, den Herrn, der mich ernährt, / Dem folg ich gern, sonst will ich keinen Meister. / Frei will ich sein im Denken und im Dichten! / Im Handeln schränkt die Welt genug uns ein.“, so meint er mit dem Herrn den Herzog, mit dem Meister den Staatssekretär Antonio Montecatino und mit der Welt den Fürstenhof. Abweichend von der klassischen Dramentheorie erlebt Tasso keine Katharsis, seine Probleme bleiben ungelöst. Goethes Stück gilt heute als eines der ersten Künstlerdramen der Literatur.
Bei der Lektüre bzw. beim Betrachten von Goethes Torquato Tasso stellt sich unweigerlich die Frage, ob Goethe mit Tasso sich selbst, mit der Prinzessin die Frau von Stein und mit dem Hof der Este den Weimarer Hof meint. Denn Goethe wirkte und lebte seit dem 7. November 1775 am Weimarer Hofe; in seinem Drama führt er dem Publikum die Einschränkungen vor, denen der feinfühlige Dichter, der allein nach Vollendung im Werk strebt, von Seiten der schnöden Welt ausgesetzt sei.
1786 „floh“ Goethe von Karlsbad aus Hals über Kopf vor den Weimarer Verhältnissen nach Italien. Hierüber berichtet er später in seinem Reisetagebuch Italienische Reise. In der Eintragung vom 16. Oktober 1786 ist der früheste Hinweis auf eine Beschäftigung Goethes mit dem historischen Torquato Tasso zu finden. Goethe unternahm in Ferrara, der ehemaligen Residenz der Este, den Versuch, Spuren nachzugehen, die der historische Torquato Tasso in deren Herrschaftsbereich hinterlassen hatte. Diesen Versuch gab er aber schnell auf. Auf seiner Reise hat sich Goethe im Oktober 1786 nur kurz in Ferrara, aufgehalten; Belriguardo, den Schauplatz seines Dramas, hat er nie besucht.