Existenz steht auf dem Spiel
Von Uta Kristina Maul
Bonn. Voller Elan und Zuversicht übernahm Frank Oppermann 2019 das Kleine Theater Bad Godesberg von Walter Ullrich. 225 Vorstellungen, erzählt er der Rundschau, gingen seit dem 3. August 2019 in dem denkmalgeschützten Haus an der Koblenzer Straße (siehe Kasten) über die Bühne. Keine acht Monate später muss der 53-jährige gebürtige Brühler um die Existenz seines kleinen Privattheaters mit fünf Festangestellten und bis zu 40 Aushilfen bangen. Die Coronakrise hat alles lahmgelegt.
„Ich habe die Notbremse gezogen und für alle fest angestellten Mitarbeiter Kurzarbeit beantragt“, sagt Oppermann traurig. „Das ganze Haus steht unter freiwilliger Quarantäne, es findet gar nichts statt.“ Und er befürchtet, dass die von der Stadt zunächst bis zum Ende der Ferien am 19. April angeordnete Schließung fortgesetzt wird. Bei einer Krisensitzung habe der Oberbürgermeister signalisiert, dass es auch August werden könne, bevor die Häuser wieder öffneten.
„Wir wollen versuchen, ausgefallene Aufführungen und das Rahmenprogramm irgendwie nachzuholen, in einer anderen Spielstätte oder übers Jahr verteilt in unserem Haus – vorausgesetzt, die Krise dauert nicht zu lange.“ Dabei, so Oppermann bitter, sei sein Haus auf dem „aufsteigenden Ast“ gewesen: 3,5 Prozent mehr Besucher und fast neun Prozent mehr Umsatz als im Vorjahreszeitraum, ein „sehr guter“ Februarumsatz, eine „erfreuliche Entwicklung aufwärts“. Dann der Einbruch: In der vergangenen Woche sei der Dreiakter „Blick zurück im Zorn“ des britischen Dramatikers John Osborne (wir berichteten) teils vor nur 25 Leuten aufgeführt worden. Der 53-Jährige: „Nicht verkaufte Tickets sind unser größter Schaden.“
Und jetzt? 51 000 Euro koste der Spielbetrieb Monat für Monat, „und wenn wir nicht spielen“, so Oppermann, „sind es 16 000 Euro, die wir leisten müssen“. Er hofft wie so viele auf Unterstützung aus Nothilfefonds, auf Bund, Land und den von der Stadt Bonn aufgelegten Hilfefonds. Für hilfreich hielte er auch eine „bedingungslose“ Zahlung der Grundsicherung für sechs Monate statt einer wohl doch langwierigeren Kreditvergabe durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau. Etwa einen Monat sei das Kleine Theater noch liquide, „dann wird es schwierig“. Deshalb hofft Oppermann, dass die Stadt als Eigentümerin des Theatergebäudes ihm als Mieter entgegenkommen kann.
Was aber „weder praktisch noch finanziell möglich ist“, sei die geplante Sanierung des Hauses ab August. Die Instandsetzung ist im Mietvertrag festgelegt, der Theaterleiter hofft auf Aufschub. Und er baut auf die NRW-Förderung für 2020, die noch ausstehe und 45 900 Euro betrage. Nur mit „viel, viel Verzicht“ – die Mitarbeiter befänden sich nun alle auf „Mindestlohnniveau“ – sei eine Rettung des Kleinen Theaters möglich.
Seinem Publikum, das nun doch zunehmend Erstattungen für ausgefallene Aufführungen wünsche, alternative Kulturangebote über die digitale Schiene zu unterbreiten, hält Oppermann für wenig zukunftsträchtig: „Streaming wird nur kurz beachtet.“ Im Übrigen sei es kein Ersatz für einen realen Theaterbesuch, und das Publikum in Bad Godesberg sei überdies älter, soll heißen, nicht unbedingt vertraut mit digitalen Angeboten.
„Kulturelles Nichtstun macht wahnsinnig“, sagt Oppermann und versichert, mit Hochdruck daran zu arbeiten, die Krise ohne Insolvenz zu überwinden: „Wir wollen weiter zeigen, dass wir gutes Theater auf hohem Niveau machen. Das ist uns bisher gelungen, und das soll nicht durch ein Virus gefährdet werden.“
Das Theater
Das Kleine Theater in der Koblenzer Straße 78 wurde 1922 als Wohnhaus errichtet, es gehört heute der Stadt Bonn und steht unter Denkmalschutz. Das Gebäude wurde 1969 für 50 Jahre an Walter Ullrich, den Intendanten des Vereins „Kleines Theater Bad Godesberg“, vermietet. Er baute das Haus 1970 zum Kleinen Theater mit 156 Plätzen um. Sein Mietvertrag lief Ende Juni 2019 aus.
Frank Oppermann führt den Betrieb seit 2019 weiter. Vereinbart worden war damals, dass der neue Theaterleiter und seine Mitstreiter ohne städtische Zuschüsse auskommen. Laut Vertrag sollte das Gebäude in den kommenden Jahren vom Mieter instandgesetzt werden. (kri)
Scheck für die neue Spielzeit
Bonn. Einen Scheck über 2500 Euro überbrachten der Deutsche Beamtenbund (dbb) Kreisverband Bonn/Rhein-Sieg und die Sparda Bank West dem Kleinen Theater für Produktionskosten in der neuen Spielzeit. Das Geld hatte die Bank anlässlich der 32. Verleihung des karnevalistischen Ordens „Lachender Amtsschimmel 2020 “ an den Bundesbeauftragten für den Datenschutz, Prof. Ulrich Kelber, zur Verfügung gestellt. Rainer Schwierczinski (dbb; rechts) und der Ehrenvorsitzende Klaus Michel (links), die beiden Organisatoren des „Lachenden Amtsschimmel“, und Peter Goeke (Sparda Bank; 2. v. l.) wünschten Theater-Intendant Frank Oppermann (3. v. l.) Stehvermögen in der Krise. Foto: Matthias Kehrein